Stefanie Millinger: Safe Space Sport
Elf Weltrekorde mit 31 Jahren, über 900.000 Follower:innen auf Instagram. „Geht nicht, gibt‘s nicht“ ist die Devise der Salzburger Extremsportlerin Stefanie Millinger.
© Madeleine Harrer
Die 31-jährige Akrobatin Stefanie Millinger testet immer neue sportliche und athletische Grenzen aus. Dabei entstehen oft faszinierende Aufnahmen. Sie turnt auf Windradflügeln, macht einen Handstand auf dem Dach eines Hotels und balanciert ungesichert in luftiger Höhe. Um ihre Stunts performen zu können, trainiert sie zwischen sieben und zehn Stunden am Tag. Aufgewachsen in der Stadt Salzburg, ist ihr seit der Kindheit klar, dass es immer höher, weiter und schneller gehen muss. Wir haben uns mit Stefanie Millinger getroffen und wollten mehr über ihre sportliche Karriere wissen. Außerdem haben wir erfahren, was sie persönlich so richtig aus der Balance bringen kann und welche großen Lebensträume sie sich noch erfüllen möchte.
Stefanie, wann hat für dich die Begeisterung für Sport, insbesondere für Akrobatik und Stunts, angefangen?
Stefanie Millinger: Ich habe mit 13 Jahren mit dem Voltigieren als Leistungssport begonnen. Was ja der Akrobatik nicht ganz unähnlich ist. Man macht akrobatische Übungen am Rücken der Pferde, manchmal auch aus dem Handstand heraus. So richtig mit Handbalancing fing es dann mit etwa 19 Jahren an.
Wie oft trainierst du am Tag?
Ich trainiere jeden Tag zwischen sieben und zehn Stunden. Es ist eine Mischung aus Krafttraining, Stabilisationstraining, Stretching und Handbalancing.
Deine Stunts würden auch gar nicht ohne so intensives Training funktionieren, oder?
Also ich würde behaupten, dass ich schon ein bisschen extrem bin, was das Training betrifft. Man könnte sicher auch nur zwei oder drei Stunden am Tag trainieren. Aber ich bin einfach jemand, der immer gerne die Extrameile geht.
Was war für dich der bisher gefährlichste Stunt?
Gefährlich ist immer relativ. Für Außenstehende sehen meine Stunts gefährlich, riskant und lebensmüde aus. Aber so viel Gefahr, wie es für einen Außenstehenden scheint, ist es gar nicht, weil ich mich ja auf die Situation vorbereite. Und ich weiß zu hundert Prozent, was ich tue und was ich kann. Ich vergleiche das immer gerne mit Autofahren: Das ist ja eigentlich auch ziemlich riskant. Jeden Tag riskierst du dein Leben, nicht nur deins, sondern auch das Leben anderer. Das ist einem nicht so bewusst, weil man tagtäglich wie selbstverständlich mit dem Auto fährt. Man kann das aus dem Effeff. Genauso ist es bei mir auch.
Deswegen ist das, was ich mache, nicht so gefährlich, wie es ausschaut. Natürlich gibt es aber auch manches, bei dem ich mir im Nachhinein gedacht habe, dass ich es lieber nicht hätte machen sollen. Zum Beispiel, wenn der Untergrund nicht hundert Prozent sicher ist. Ich habe einmal auf gepresstem Sand geturnt. Und Sand kannst du nicht wirklich einschätzen, ob der hält oder nicht. Wenn der Sand abdriftet, kannst du halt nichts mehr machen, dann ist es vorbei. Das war so eine bisschen gewagtere Aktion von mir. Meistens ist das Gefährlichste aber nicht der Stunt, sondern dass man überhaupt erst an die Orte hinkommt.
Wie viel Risiko gehst du ein? Wo sind deine Grenzen?
Wenn man es von außen betrachtet, würde man sagen „all in“. Wenn etwas schiefgeht, dann ist es so. Aber genau das ist es ja, was den Reiz ausmacht. Das Wichtigste im Free-Solo-Sport ist, dass du in dich hineinspürst. Wenn du dich zum Beispiel bestens auf einen Stunt vorbereitet hast, du aber merkst, dass heute dein Mindset nicht passt, egal was dein Ego auch sagt, dann machst du den Stunt auch nicht.
Abgesehen von deiner körperlichen Balance – was kann dich mental so richtig aus dem Gleichgewicht bringen?
Ich muss gestehen, dass ich generell ein sehr ungeduldiger Mensch bin. Wenn etwas nicht sofort klappt, kann ich zur richtigen Zwiderwurzen werden.
Du hast bereits elf Weltrekorde erzielt. Gibt es etwas, was du noch erreichen möchtest? Trainierst du aktuell auf etwas hin?
Ich habe das Gefühl, dass ich noch fast gar nichts erreicht habe. Ich möchte noch mehr Weltrekorde schaffen. Einer meiner größten Lebens-
träume wäre, einen Free-Solo-Stunt auf dem Burj Khalifa zu performen. Ein anderer Lebenstraum ist, mit Haien zu tauchen.
Wie sieht es mit deinen privaten Zukunftsplänen aus?
Das alles bin eigentlich schon ich privat. Ich liebe Sport. Ich trainiere, schlafe und esse. Deswegen wird das auch in Zukunft noch so sein.
Das heißt, du kannst dir ein Leben ohne Sport gar nicht vorstellen?
Leben ohne Sport geht für mich überhaupt nicht. Sport ist mein Safe Space. Er gibt mir Sicherheit. Sport hat mich schon durch schwere Zeiten gebracht. Man kann sagen, Sport hat mich am Leben gehalten. Ich ohne Sport? Das kann ich mir nicht vorstellen. Sollte aber Sport einmal nicht mehr meine erste Priorität sein, dann hätte ich gerne eine kleine Farm, auf der ich lebe, und möchte mich um gerettete Tiere kümmern.
Hast du eine Lebensphilosophie, die dich durchs Leben trägt?
Ich bin eine Person, die im Hier und Jetzt lebt. Ich schaue, dass es mir heute gut geht. Was morgen ist, das geht dann halt erst morgen. Was ich vom Leben gelernt habe, ist, dass, egal was passiert, du niemanden brauchst, der an dich glaubt. Du brauchst nur dich.
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MEHR ÜBER DIE AUTORIN DIESES BEITRAGS
Elisabeth Trauner ist Redakteurin von Unser SALZBURG und mit Stift, Block und Herz immer zur Stelle, wenn Menschen spannende Geschichten zu erzählen haben. Sie hört gerne Podcasts, braucht Krimis und True Crime-Dokus zum Einschlafen und probiert gerne Kochrezepte aus, die aber meistens komplett schief gehen.