Vielfalt möglich machen
Conny Felice im Gespräch über die HOSI Salzburg.
Die Homosexuelle Initiative (HOSI) Salzburg ist die Menschenrechtsorganisation und das Kompetenzzentrum für sexuelle, geschlechtliche und romantische Vielfalt in Stadt und Land Salzburg sowie dem angrenzenden Bayern und Oberösterreich. Als Teil der queeren Community Salzburgs engagiert sich der Verein für Respekt und Akzeptanz von vielfältigen Lebensweisen.
Was braucht es für ein gelungenes Miteinander? Wir haben das Team der HOSI Salzburg, Sarah Thome (Jugendreferentin, Bildungsprojekte), Conny Felice (Geschäftsführung) und Astrid Pracher (Obfrau), zu einem Gespräch getroffen und uns unter anderem über den neuen Auftritt des Vereins, über die Projekte für 2023 sowie über die Wichtigkeit von Toleranz und Offenheit gegenüber Vielfalt in der Gesellschaft unterhalten.
Unser Salzburg: Was ist der Leitsatz der HOSI?
Conny Felice: Unsere Vision ist, dass wir in einer gleichberechtigten Welt leben können. Für uns als HOSI ist der Leitsatz, queeres Leben möglich zu machen: Menschen im Coming-out zu begleiten und vor allem Coming-out möglich zu machen. Veranstaltungen möglich machen, Bildung
möglich machen, Kooperationen möglich machen. All das möchten wir als Verein für die Gesellschaft in Salzburg beitragen.
Welche Angebote und Programme gibt es?
Sarah Thome: Wir haben sehr viele Angebote wie beispielsweise unsere Vereinsangebote von der Jungen HOSI über eine Frauengruppe, die sich monatlich trifft, sowie einen Trans-Stammtisch, um sich mit anderen auszutauschen. Weiters gibt es unsere Beratungsangebote von ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen, die Menschen beim Coming-out begleiten können und Hilfestellungen geben.
Seit letzten Herbst gibt es auch das Programm „Queer durchs Land“: eine professionelle queere Jugendarbeit, die über die Stadtgrenze hinaus das ganze Bundesland einbezieht. Ziel ist es, einerseits in vorhandenen Strukturen der offenen Kinder- und Jugendarbeit Akzeptanz und Sensibilität für queere Lebensweisen zu fördern, niederschwellig Informationen zu Coming-out, Homo-, Bi- und Asexualität sowie Trans- und Intergeschlechtlichkeit anzubieten, aber auch Anlaufstellen für LGBTIQA*-Jugendliche zu ermöglichen, um junge queere Menschen in ihrer Entwicklung zu stärken und zu empowern.
Zudem gibt es verschiedene Bildungsprojekte, die der Sensibilisierung dienen und Wissen vermitteln sollen. Das Programm „Schule der Vielfalt“ soll die Schulen für LGBTIQA*-Schüler:innen nicht nur sicherer machen und so auch suizidpräventiv wirken, sondern auch zu einem Ort werden, an dem sie ihre Fähigkeiten voll entfalten können, ganz im Sinne des Diversity-Gedankens. Darüber hinaus wird der Umgang mit Vielfalt eine immer wichtigere Lebenskompetenz. „Schule der Vielfalt“ ist damit auch ein aktiver Beitrag zur psychischen Gesundheitsförderung.
„Vielfalt im Beruf“ ist das Pendant in der Erwachsenenbildung. Hier geht es darum, Menschen in ihren verschiedenen Berufsgruppen Kompetenzen zu vermitteln, im jeweiligen Berufsalltag mit Themen rund um sexuelle und geschlechtliche Vielfalt in einem positiven Sinne umzugehen, Akzeptanz für verschiedene Lebensentwürfe sowie sexuelle und geschlechtliche Vielfalt zu fördern und somit Diskriminierung und Mobbing vorzubeugen.
Das Gemeinsame zu suchen, nicht das Trennende. Bei Anfeindungen nicht zurückzubrüllen, sondern zum Gespräch einzuladen.
Conny Felice, Geschäftsführerin der HOSI Salzburg
Die HOSI befindet sich seit Jänner 2023 an einem neuen Standort in Salzburg. Warum fand ein Umzug statt?
Conny Felice: Wir wollten einen barrierefreien Zugang zu unseren Räumlichkeiten schaffen, was nun möglich ist. Und wir haben im Zuge dessen auch die Gelegenheit genutzt, einen komplett neuen Auftritt zu gestalten. Dazu gehört auch unser neues Vereinslokal.
Stichwort Akzeptanz und Gleichstellung in der Gesellschaft: Gibt es hier in Salzburg noch viel zu tun?
Astrid Pracher: Unserer Meinung nach auf jeden Fall. Rechtlich sind wir auf einem guten Weg, obwohl es auch hier noch viel Luft nach oben gibt. Besonders über die Stadtgrenzen hinaus ist sicher noch viel zu tun, um mehr Offenheit und Akzeptanz zu erreichen. Daher gibt es auch unsere Projekte, die vor allem bei Jugendlichen sehr gut angenommen werden.
Wie gehen Sie mit Angriffen um, zum Beispiel mit der Zerstörung von Regenbogen-Zebrastreifen, oder diskriminierenden Aussagen?
Conny Felice: Aus meiner Sicht geht es darum, dass man diesen negativen Strömungen nicht allzu viel Aufmerksamkeit widmet. Wir müssen sie ernst nehmen, aber ich möchte nicht zu viel Energie in das Negative stecken. Wir möchten den Vandalenakten, die letztendlich vorsätzliche Straftaten sind, nicht nachgeben, sondern bleiben dran. Bei den Regenbogen-Zebrastreifen gab es ein relativ großes Learning. Es ist wichtig, dass das Umfeld miteinbezogen wird. Das heißt, wenn wir bei unserem neuen Standort einen Regenbogen-Zebrastreifen initiieren wollen, ist es natürlich sinnvoll, dass wir auch das Jugendzentrum und die Schulen rundherum miteinbeziehen. Letztendlich soll es ein Gemeinschaftsprojekt sein und nicht eine Aktion alleine von uns. Wir wollen viele Unterstützer:innen haben, die mitmachen möchten. Mithilfe von Bildungsprojekten wollen wir auf Augenhöhe mit der Gesellschaft sein. Wir sind keine Opfer oder Randgruppen, sondern stehen mitten in der Gesellschaft und möchten mit unseren Angeboten unseren Beitrag zur Aufklärung und Sensibilisierung beitragen.
Was wurde alles in den letzten Jahren erreicht? Worauf sind Sie besonders stolz?
Astrid Pracher: Im Vordergrund steht aktuell natürlich das neue Vereinszentrum, in das wir sehr viel (vor allem ehrenamtliche) Arbeit gesteckt haben. Wir hatten 2022 das erste Mal eine „Pride-Week“ mit 29 Veranstaltungen, die erfolgreich waren und gut angenommen wurden. Damit haben wir mehr Sichtbarkeit erhalten. Stolz sind wir auch auf unsere Bildungsprojekte, allen voran das Projekt „Queer durchs Land“.
Conny Felice: Wir werden mehr und mehr als Verein wahrgenommen, der dialogfähig ist. Als Beispiel hier die Diskussion mit der Kirche: Es war uns immer schon wichtig, dass wir einen guten Kontakt zur Erzdiözese Salzburg haben. Im November 2022 gab es erstmalig eine Podiumsdiskussion für mehr Vielfalt in der Kirche. Das ist auch ein großer Schritt, um mehr Bewegung innerhalb der Institution möglich zu machen.
Welche Projekte sind für 2023 geplant?
Sarah Thome: Unsere bisherigen Projekte werden natürlich weiterlaufen. Im Jänner 2023 hatten wir unsere dreitägige Eröffnungsfeier. Dann gibt es natürlich wieder unsere HOSI-Feste und die „Pride-Week“ im September mit vielen Veranstaltungen. Zudem treffen wir uns in unregelmäßigen Abständen zu einem gemeinsamen Kinobesuch. Die ausgewählten Filme haben immer einen queeren Inhalt beziehungsweise einen
LGBTIQA*-Bezug und laufen im regulären Kinoprogramm des Salzburger Filmkulturzentrums „DAS KINO“. Wir besuchen aber auch gemeinsam queere Filmfestivals.
Conny Felice: Es wird weiters einige Kooperationsveranstaltungen geben, wie etwa im Bildungszentrum St. Virgil Salzburg, um unseren Beitrag in der Gesellschaft sichtbarer zu machen.
Astrid Pracher: Außerdem planen wir wieder die „QueerTopics“ mit Lesungen und wissenschaftlichen Beiträgen und die „Feminale“ – ein Fest von Frauen und für Frauen.
Was sollte sich in Zukunft in unserer Gesellschaft für ein gutes Zusammenleben ändern?
Conny Felice: Es braucht weiterhin die Fähigkeit, Gespräche zu führen. Die sozialen Medien tragen leider dazu bei, sich aus einer Distanz Vorwürfe zu machen, die wiederum negative Reaktionen auslösen. Hier sehe ich das große Bedürfnis, sich zusammenzusetzen, miteinander zu reden, zuzuhören, sich auszutauschen. Das Gemeinsame zu suchen, nicht das Trennende. Bei Anfeindungen nicht zurückzubrüllen, sondern zum Gespräch einzuladen.
MEHR ÜBER DIE AUTORIN DIESES BEITRAGS
Elisabeth Trauner ist Redakteurin von Unser SALZBURG und mit Stift, Block und Herz immer zur Stelle, wenn Menschen spannende Geschichten zu erzählen haben. Sie hört gerne Podcasts, braucht Krimis und True Crime-Dokus zum Einschlafen und probiert gerne Kochrezepte aus, die aber meistens komplett schief gehen.