Schattenorte – Geheimnisse in Salzburg
Einblicke in die dunkle Geschichte von Salzburg.
© Pexels / Masood Aslami
Die Mozartstadt hat eine schöne historische Seite mit bunten Traditionen, aber auch eine düstere Seite voller Abgründe. Im kürzlich erschienenen Buch Schattenorte beleuchten Anna Boschner und Simona Pinwinkler die dunkle Geschichte in Stadt und Land Salzburg.
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Wie Frauen in Salzburg zu wildern begannen. Wilderei ist in Salzburg bereits seit dem Mittelalter dokumentiert, Frauen stellten hier eine Ausnahme dar. Das lässt sich auch anhand der gerichtlichen Verurteilungen feststellen. Norbert Schindler, ehemaliger Dozent am Fachbereich Geschichte der Universität Salzburg, hat Hunderte Akten durchgesehen. Nur in Ausnahmefällen seien Frauen aufgrund der Wilderei – also des Eingriffs in fremdes Jagdrecht – tatsächlich verurteilt worden. Ein Beispiel ist in diesem Zusammenhang die „Sennerin von der Plientau“. Waldburga Reiterin ist laut dem Historiker eine der wenigen damals aktiven Wildernden, die in den Salzburger Strafprozessakten des 18. Jahrhunderts zu finden ist. Das Urteil, das sie bekam: Zwei Tagen Haft auf der Festung Hohenwerfen. Damit sei sie glimpflich davongekommen, so Schindler. Auf ihrer Alm südlich des Passes Lueg habe sie Murmeltierfallen aufgestellt. Das Schmalz, das als Allheilmittel galt, verkaufte sie.
In Großgmain blühte einst der Schmuggel. Stadtarchivar Johannes Lang erzählt von einem Schmugglerkönig, der sich auf einer Faschingsfeier mit einem Hundertmarkschein eine Zigarette angezündet haben soll. Zusammen mit Albin Kühnel hat er Interviews mit zahlreichen ehemaligen Schmugglern und Zollbeamt:innen geführt und zudem deren Geschichten zu einem Buch zusammengetragen. „Wenn man den ehemaligen Schmugglern in den Interviews zuhörte, bekam man den Eindruck, dass die Schmugglerzeit jahrzehntelang ging“, meint Lang. Tatsächlich umfasste die Blütezeit drei bis vier Jahre. Allein im Jahr 1949 sollen sechs Milliarden Zigaretten und 30.000 Tonnen Kaffee nach Deutschland geschmuggelt und damit Zölle und Verbrauchssteuern in Höhe von mehr als einer Milliarde DM hinterzogen worden sein.
Nachdem Steuern für Zigaretten und Kaffee in Deutschland gesenkt worden waren, war auch der Schmuggel nicht mehr attraktiv. Noch heute werden zwar immer wieder Zigarettenschmuggler:innen am Flughafen erwischt, an der EU-Binnengrenze zwischen Großgmain und Bayerisch Gmain kehrte jedoch wieder Ruhe ein. Oder wie es Lang und Kühnel in ihrem Buch formulieren: „Aus ehemaligen Schmugglern wurden wieder brave Bürger, die zudem ihren Lebensunterhalt nunmehr auf ehrliche Art und Weise verdienten.“
Zur Geschichte der Todesstrafe. Das Ensemble mit den drei Gekreuzigten befindet sich direkt an der Schallmooser Hauptstraße. Das Denkmal ist erstmals für das Jahr 1459 urkundlich belegt und erinnert zudem an die älteste Richtstätte der Stadt. Dort vor dem damals bestehenden Äußeren Linzertor hängte man bis ins späte 16. Jahrhundert Menschen, die zum Tode verurteilten. Die Leichen ließ man dann anschließend wochenlang am Galgen baumeln, bis sie verwesten. Während das Ausstellen der „toten Sünder“ in anderen Städten bereits der Vergangenheit angehörte, hielt man in Salzburg bis ins 18. Jahrhundert daran fest. Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau ließ den Zivilgalgen im Jahr 1599 abbrechen und nach Gneis verlegen. Das Henkerhaus in der Neukommgasse zeugt bis heute von dieser Richtstätte. Dort lebte der letzte Scharfrichter von Salzburg, Franz Joseph Wohlmuth, und führte schließlich sein Amt bis 1817 aus.
Gerhard Ammerer und Christoph Brandhuber brachten im Jahr 2018 das Buch „Schwert und Galgen – die Todesstrafe in Salzburg“ heraus. Einen Fall haben sie darin besonders ausführlich behandelt, nämlich jenen des Giftmörders Johann Oberreiter aus Werfen. Dieser wurde des Mordes an zweien seiner Töchter und an seiner Frau beschuldigt. Durch ein neues medizinisches Verfahren konnte in den Organen der Verstorbenen Arsen nachgewiesen werden. Akribisch forschten die Ermittler und konnten den Täter schließlich überführen. Laut Ammerer war das „der Beginn der Gerichtsmedizin in Salzburg“. Am 26. Juli 1865 hängte man den Verurteilten am Militärexerzierplatz am Neuhauserfeld in Gnigl. Es war die letzte öffentliche Hinrichtung in Salzburg. Mit dem Strafgesetz von 1873 verlegte man zudem diese in die Mauern und Höfe von Strafanstalten.
Nachdem man die Todesstrafe im Jahr 1919 abgeschafft hatte, nahm man die Hinrichtungen ab 1934 wieder auf. Folglich kam es während der Zeit des Nationalsozialismus zu vielen Tötungen von Regimegegnern, Räubern und Flüchtlingen. Der letzte, der in Salzburg hingerichtet wurde, war ein verurteilter Mörder und Sexualstraftäter. Der 28-jährige staatenlose Ukrainer wurde am 22. November 1949 im Galgenhof des Gefangenenhauses Salzburg gehängt. Im Mai 1959 schaffte man die Todesstrafe in Österreich im ordentlichen Strafverfahren ab, vollständig und somit auch im Militärrecht erst im Jahr 1968.
Buchtipp
Schattenorte
Geschichten & Geheimnisse in Salzburg
von Anna Boschner & Simona Pinwinkler
Verlag Anton Pustet Salzburg
ISBN: 978-3-7025-1112-8
€ 25
MEHR ÜBER DIE AUTORIN DIESES BEITRAGS
Elisabeth Trauner ist Redakteurin von Unser SALZBURG und mit Stift, Block und Herz immer zur Stelle, wenn Menschen spannende Geschichten zu erzählen haben. Sie hört gerne Podcasts, braucht Krimis und True Crime-Dokus zum Einschlafen und probiert gerne Kochrezepte aus, die aber meistens komplett schief gehen.