
Thorsteinn Einarsson: Tiefpunkte, Höhenflüge und Freiheit
Thorsteinn Einarsson spricht mit uns über Kreativität, Durchhaltevermögen und die Ultra-Version seiner selbst.
Thorsteinn Einarsson © Vanessa Hartmann
Thorsteinn Einarsson verbiegt sich nicht. Er liebt die Bühne und seine Community – und er weiß, dass Erfolg kein Selbstläufer ist.
Leya, Leya, your dreams are bigger that your broken heart“ – damals noch zarte 18 Jahre jung, landete der gebürtige Isländer Thorsteinn Einarsson mit „Leya“ 2014 seinen ersten Hit.
Davor absolvierte er eine Kochlehre in Salzburg. Danach ließ er die Gastronomie hinter sich und widmete sich voll und ganz dem Showbusiness, das ist nun fast elf Jahre her. Der Weg war steinig – am Anfang waren es kleine Klubs und große Träume.

Heute füllt er Konzerthallen, sitzt als Juror in der Castingshow „Die große Chance“ (durch die er selbst 2014 bekannt wurde) und bringt sein viertes Album heraus. Thorsteinn Einarsson ist ein Mann mit zwei Welten: Island und Österreich, Pop und Rock, große Bühnen und ruhige Momente auf der Couch.
In unserem Gespräch nimmt er sich kein Blatt vor den Mund: Über Social Media, das Musikbusiness und das Leben zwischen Erfolgen und Schicksalsschlägen hat er eine klare Meinung – und einen unbändigen Drang, weiterzumachen.
Wie entstehen deine Songs?
Thorsteinn Einarsson: Ganz unterschiedlich. Manchmal ist es eine Melodie, ein Gitarrenriff, ein Satz, der mir nicht mehr aus dem Kopf geht. Ich groove mich rein und entwickle es weiter. Aber wichtig ist: Begrenzung. Ein leeres Blatt Papier ist am schwierigsten, wenn du alle Möglichkeiten der Welt hast – das killt die Kreativität. Sich selbst eine Richtung vorzugeben, hilft, den Fokus zu behalten.
Hattest du schon mal eine Schreibblockade?
Noch nie. Wenn nach 20 Minuten nichts kommt, lasse ich es und probiere es später noch mal. Ich habe eine gute Portion Selbstbewusstsein – ich weiß, dass ich Songs schreiben kann, das mache ich seit über zehn Jahren und es hat immer wieder funktioniert.
Wie hast du den Erfolg rund um „Leya“ damals erlebt?
Mein Motto war damals: „Ich scheiß mir nix und mach es einfach.“ Als „Leya“ dann plötzlich so erfolgreich war, kam schon der Druck: Schaffe ich das noch mal? Die ersten Jahre waren hart.
Private Situationen zwingen dich oft dazu, reifer und erwachsener zu werden.
Thorsteinn Einarsson
Meine Songs kannten zwar viele aus dem Radio, aber mich als Musiker dahinter nicht. Wenn du auf der Bühne stehst und es sind nur zwölf Leute im Publikum, dann musst du trotzdem eine Show liefern, als wären es Tausende – und das habe ich gemacht.
Heute werde ich auf der Straße erkannt und fülle Konzerthallen – und bleibe nach jeder Show so lange, bis alle, die möchten, ein Foto gemacht oder mir die Hand geschüttelt haben. Das ist mir wichtig, weil ich weiß, wie viel Arbeit es gekostet hat, dass die Leute zu meinen Konzerten kommen, also möchte ich auch nicht gleich nach der Show abhauen.
Wie erlebst du das Musikbusiness?
Ich liebe es. Aber ja, es ist hart. Doch sudern bringt nichts. Wenn du mit den falschen Leuten arbeitest, such’ dir andere. Ich hatte auch miese Erfahrungen, aber heute ist mein Management wie eine Familie für mich. Ich bin mit 18 in diese Branche reingerutscht und habe sie damals nicht verstanden.
Heute verstehe ich sie ein bisschen und es macht mir einfach Spaß. Es bringt nix, zu meckern, dass es hart ist. Wenn du es willst, wirst du Wege finden, um es trotzdem zu schaffen. Sieh dich nicht als Opfer! Wenn du Spaß daran hast, dann ist es keine harte Arbeit.

Und wenn du bei einem Event ein paar unguten Leuten aus dem Business begegnest … dann rede einfach nicht mit ihnen. Wenn du zu emotional bist, dann gehst du unter. Aber auch wenn du zu egoistisch bist und glaubst, die Welt hat nur auf dein Talent gewartet.
Was, wenn ein Song floppt?
Dann frage ich mich: Warum? Was kann ich besser machen? Mein erster Song nach „Leya“ war nicht „Kryptonite“, sondern „Aurora“ – der hat aber keinen gejuckt. So what?! Ich gebe nicht den Leuten die Schuld, sondern fokussiere mich darauf, was ich beim nächsten Mal besser machen kann.
Und ich schreibe einfach weiter, mehr Songs. Der Trick ist die Regelmäßigkeit, schreibe viel, ganz viel – und arbeite mit guten Leuten, die dich inspirieren, das Beste aus dir rausholen und deine Schwächen ausgleichen.
Inwiefern haben deine privaten Schicksalsschläge deine Sicht auf das Leben verändert?
Sehr. Mein großer Bruder ist vor drei Jahren gestorben. Seitdem bin ich dankbarer für alles, was ich habe und machen darf. Es gibt Schlimmeres auf der Welt, als dass ein Song kein Hit wird.
Private Situationen zwingen dich oft dazu, reifer und erwachsener zu werden. Ich lebe heute bewusster. Ich trinke keinen Alkohol, ernähre mich gesund und halte mich fit.
Auch meine mentale Gesundheit ist mir sehr wichtig. Ich liebe es, unter Menschen zu sein, genieße aber im Gegenzug auch sehr die ruhigen Momente daheim auf der Couch: Filme, Serien und Fußball schauen. Und ich liebe die Natur, ohne sie könnte ich vermutlich keine Songs schreiben.
Wie fühlst du dich auf der Bühne?
Dort bin ich eine Ultra-Version von mir selbst. Ich bin selbstbewusst, aber auf der Bühne bin ich sehr selbstbewusst. Ich bin ehrlich, aber auf der Bühne bin ich sehr ehrlich.
Und die Energie bekomme ich vom Publikum – das klingt abgedroschen, aber da gibt es wirklich eine spürbare Verbindung zu den Leuten. Auch wenn jede Crowd anders ist, spürst du, womit du sie catchen kannst.
Social Media ist für die Musikbranche heute essenziell. Wie gehst du damit um?
Ich bin Musiker, kein Influencer. Manche Labels erwarten heute, dass du Content-Creator bist. Aber nicht jeder Musiker*in will das. Und dann siehst du, dass Influencer*innen Musik machen – und ihr Video geht viral, weil es besser aussieht, und nicht, weil sie besser singen. Das ist einfach so.

Wenn du willst, findest du Wege, es zu schaffen. Sei kein Opfer!
Thorsteinn Einarsson
Ich sehe TikTok sehr kritisch, es senkt erheblich die Konzentrationsspanne und macht auch was mit deiner mentalen Gesundheit. Je mehr du auf Social Media herumhängst und dir ein Kurzvideo nach dem anderen reinziehst, umso schlechter bist du gelaunt. Ich habe mich da selbst limitiert und mir für Social Media ein Tageslimit gesetzt. Also ich würde heute nicht 14 sein wollen (lacht).
Was dürfen Fans vom neuen Album „Teardrops & Confettiguns“ und der gleichnamigen Tour erwarten?
Es ist eine musikalische Achterbahnfahrt, so wie meine letzten Jahre. Es gab Tiefen, aber auch viele Höhepunkte und ich nehme mir auf dem neuen Album viele Freiheiten heraus und bediene mehrere Genres. Und es gibt eine kleine Überraschung für alle, die sich die Songs auf CD oder Vinyl holen: nämlich einen Hidden Track – also einfach das letzte Lied ein wenig länger laufen lassen … dann kommt eine Überraschung.
Ich finde, wenn man sich die Mühe macht und das Produkt physisch erwirbt, soll man auch dafür belohnt werden. Ich freue mich und bin gespannt, wie die Leute reagieren. Das letzte Jahr war das bisher beste meines Lebens: das Konzert auf der Donauinsel, als Juror bei der „großen Chance“, das vierte Album fertiggestellt. All das möchte ich auf der kommenden Tour zelebrieren.
Thorsteinn Einarssons Kurz-Biografie
Seine Songs (z. B. „Hotel Heartache“, „Leya“, „Shackles“, „Kryptonite“ und „Echo“) sind Radiohits par excellence. Der am 19. März 1996 in Island geborene Thorsteinn Einarsson kam mit fünf Jahren nach Österreich (sein Vater studierte Gesang in Salzburg), drei Jahre später trennten sich seine Eltern und Thorsteinn ging mit seiner Mutter zurück nach Reykjavík. Mit 14 zog er wieder nach Österreich und absolvierte nach der Pflichtschule eine Kochlehre. 2014 nahm er an der Castingshow „Die große Chance“ teil und wurde im Finale Vierter. Sein Finalsong „Leya“ wurde zum Hit, der ihm 2015 einen Amadeus-Award einbrachte. 2016 erschien sein erstes Album, es folgten mit den Jahren ausverkaufte Konzerte, TV-Auftritte und eine immer größer werdende Fanbase. 2024 war sein bisher erfolgreichstes Jahr: Juror bei der „großen Chance“ („der schönste Moment meines Lebens“), ein fulminanter Auftritt beim Wiener Donauinselfest und die Fertigstellung seines vierten Albums. Er lebt in Gmunden und ist ein Drittel des Jahres unterwegs bei Konzerten oder Interviews im In- und Ausland.

Teardrops & Confettiguns
Auszug Thorsteinn Einarssons Tourdaten 2025
21.03. Innsbruck
28.03. Knittelfeld
29.03. Salzburg
30.03. Graz
02.04. Wien
03.04. Linz
04.04. Amstetten
05.04. Klagenfurt