Ein Mädchen lächelt in ihr Smartphone, in der rechten Hand hält sie einen grünen Smoothie

Digital Detox im Sommer: So gelingt dein Offline-Urlaub

Eine Psychologin gibt Tipps für deinen digitalen Rückzug

9 Min.

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Wir wischen, tippen, scrollen – oft ohne es überhaupt zu merken. Besonders im Sommer sehnen sich viele nach Digital Detox – also echter Erholung ohne Smartphone. Warum fällt es uns so schwer, offline zu gehen – selbst im Urlaub? Wie erkenne ich, ob mein Medienkonsum bereits belastend ist? Und wie gelingt ein digitaler Rückzug, ohne dass er nach Verzicht klingt?

Wald und Wiesen Landschaft mit Sonnenuntergang, rechts im Bild ein weißer Camper
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Wir haben mit der Psychologin Prof. Dr. Sabine Viktoria Schneider gesprochen. Sie gibt konkrete Tipps, wie wir im Sommer Digital Detox umsetzen können – mit Leichtigkeit, Motivation und sogar kindgerechten Ansätzen.

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Portraitbild von Psychologin Prof. Dr. Sabine Viktoria Schneider
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Frau Dr. Sabine Viktoria Schneider, warum fällt es vielen Menschen so schwer, das Smartphone oder andere digitale Geräte im Alltag beiseitezulegen – selbst im Urlaub?
Digitale Geräte, wie ein Smartphone, sind in der Regel so konzipiert, dass sie aus psychologischer Sicht äußerst anziehend wirken. Ganz besonders die „sozialen Medien“ sprechen hierbei unser sogenanntes mesolimbisches Belohnungssystem im Gehirn an – genauer gesagt unser Dopaminzentrum. Denn jedes neue „Like“, jede Nachricht und jeder Scroll-Vorgang kann einen kleinen Ausschuss von Dopamin auslösen.

Also von dem Botenstoff in unserem Gehirn, der für unsere Motivation, Erwartungshaltung und kurzfristige Zufriedenheit zuständig ist. Dieses hier zugrundeliegende einfache Belohnungsprinzip ist sehr gut mit dem eines Glücksspiels vergleichbar. Man weiß nie genau, was als Nächstes kommt, und genau das hält unser Gehirn im Zustand einer ständigen Erwartungshaltung, die einmal mehr und einmal weniger befriedigt wird. In der Regel aber immer und immer wieder. Und genau darauf wird hier unser Gehirn konditioniert.
Dasselbe Prinzip gilt natürlich auch für sämtliche Apps und Nachrichtentools. So verlangt unser Gehirn immer wieder danach.

Im Urlaub, wo die sonstigen täglichen äußeren Reize und To-dos dann plötzlich wegfallen, entsteht oft eine innere Leere oder Unruhe, die viele dann erst recht wieder mit dem Griff zum Smartphone füllen möchten. Denn wenn dieses beschriebene Dopamin-Level plötzlich ausbleibt, kann das sogar Entzugserscheinungen hervorrufen. Wie etwa eine innere Unruhe, Gereiztheit, Konzentrationsprobleme oder ein diffuses Gefühl von „etwas zu verpassen“.

Hilfreiche Impulse für mehr Abstand:

  • Plane ganz gezielt digitale Offline-Zeiten in den Urlaub mit ein, z. B. vor dem Frühstück oder am späten Nachmittag. Und nehmen Sie sich (wie früher) wieder ein Buch mit.
  • Lege dein Smartphone außer Sichtweite – schon das reduziert die Nutzung signifikant.
  • Tausche digitale Belohnungen gegen analoge: eine schöne Musik (die meisten Apps für Playlists funktionieren auch im Flugmodus) , ein langer Spaziergang, bewusstes Genießen ohne Ablenkung.
  • Erlaube dir selbst ganz bewusst, sich auch einmal wieder zu langweilen – denn genau daraus kann eine neue Kreativität und echte Erholung entstehen. Und eine Rückverbindung zum eigenen Ich – nämlich ohne eine permanente Ablenkung durch digitale Reizüberflutungen.

Woran erkenne ich, ob mein Medienkonsum bereits ungesund oder stressfördernd ist?

Ein übermäßiger Medienkonsum macht sich meist nicht sofort, sondern erst über ein paar Umwege bemerkbar – wie etwa durch erste emotionale Erschöpfungstendenzen, Gereiztheit oder das Gefühl, ständig „online“ sein zu müssen und jede Nachricht sofort zu beantworten. Aus psychologischer Sicht kann sich eine sogenannte „dysfunktionale Nutzung“ dann zeigen, wenn digitale Reize das eigene Leben nicht mehr bereichern, sondern vielmehr kontrollieren und Stress ausüben.

Hier ein paar Fragen zur achtsamen Selbstbeobachtung:

  • Fühlst du dich nach einer längeren online-Einheit am Handy noch energiegeladen und aktiv – oder eher leer, unruhig und gestresst?
  • Gelingt es dir, für eine bestimmte Zeit offline zu sein, ohne sofort ans Smartphone zu denken und unbewusst sofort wieder danach zu greifen?
  • Wird dein Schlaf, deine persönlichen Beziehungen und Treffen oder deine persönliche Rituale (wie zum Beispiel ein schönes entspanntes Bad) regelmäßig durch Medienkonsum gestört?
  • Kompensierst du mit sozialen Medien eher deine emotionale Leere, Einsamkeit oder Stress? Oder aus welchem Grund scrollst du möglicherweise in jeder freien Minute durch Insta & Co.

Wenn vielleicht mehrere dieser Punkte auf Sie zutreffen, kann das ein erstes „sanftes“ Signal sein, dringend etwas zu verändern. Jedoch nicht basierend auf Verzicht, sondern aus einer liebevollen Fürsorge für sich selbst heraus resultierend.

Wie kann ich im Sommer gezielt digitale Pausen einbauen?

Der Sommer lädt uns jetzt ganz besonders dazu ein, uns endlich auch wieder stärker mit der analogen Welt zu verbinden. Schöne sonnige Tage, eine warme Luft, längere Tage und mehr Zeit im Freien schaffen hierfür ideale Bedingungen, um ganz bewusste digitale Auszeiten in den Alltag zu integrieren.

Hier ein paar praktische Ideen für digitale Pausen:

    • Richte auch zu Hause „digitale Ruhezeiten“ ein, z. B. nach dem Aufstehen und vor dem Zubettgehen. Der erste Café in der Früh auf dem Balkon schmeckt ohne Handy nämlich gleich viel besser.
    • Verabrede dich mit dir selbst – eine Stunde pro Tag ganz bewusst ohne Bildschirm. Sei es beim Kochen, beim Spazierengehen oder einfach beim Tagträumen.
    • Nutze den Flugmodus ganz gezielt und regelmäßig – etwa bei Ausflügen, beim Lesen oder im Café.
    • Schaffe in deinem zu Hause bewusst medienfreie Zonen, z. B. auf dem Balkon, im Garten oder im Schlafzimmer.

    Wie kann man Kinder oder Jugendliche für einen Digital Detox begeistern, ohne dass es wie ein Verbot wirkt?

    Kinder und Jugendliche sind besonders empfänglich für die Wirkung digitaler und sozialer Medien auf ihr Dopamin- und Belohnungssystem. Gerade in der Pubertät, wo das Gehirn ohnehin besonders empfindlich und feinfühlig auf Belohnungen und Rückmeldungen aus dem Außen reagiert, wirken Likes, Chats und Games wie permanente emotionale Verstärker. Wird der Zugang dazu dann plötzlich eingeschränkt, kann das zu einem massiven Widerstand, Unruhe oder sogar einem emotionalen Rückzug führen – bereits vergleichbar mit einem sanften Entzug.

    Deshalb ist es hier wichtig, den Umgang mit den Medien nicht strikt zu verbieten, sondern die jungen Leute bewusst einzuladen und darauf zu achten gemeinsam neue Alternativen zu entdecken.

    Ein paar Ideen dazu:

      • Entwickle zusammen mit deinem Kind ein eigenes „Digital Balance“-Experiment: Was möchten wir gemeinsam ausprobieren? Und achte bitte darauf deine gute Vorbildwirkung im Alltag dann auch tatsächlich zu wahren.
      • Biete sinnvolle Alternativen an, die du gemeinsam umsetzst, wie z.B. Gärtnern, Fahrrad fahren, gemeinsam kochen, Ausflüge, coole neue Erlebnisse in der realen Welt (nach Altersgruppe und Interessen).
      • Spreche über die Wirkung von Medien auf das Gehirn – ruhig, altersgerecht, aber ehrlich. Denn die meisten Kinder und Jugendlichen sind durchaus daran interessiert und neugierig, wie ihr Denken und insbesondere ihr Gehirn funktioniert.
      • Lege medienfreie Zeiten oder Räume fest (z. B. keine Smartphones beim Essen oder im Schlafzimmer) – jedoch nicht als Strafe, sondern als liebevolles gemeinsames Familienritual (an das du dich dann bitte auch selbst halten musst).

      Gerade wenn Kinder hier aktiv mitgestalten dürfen und du dich auch selbst an die vereinbarten Spielregeln hältst, fühlen sie sich in der Regel nicht einfach bevormundet und beleidigt, sondern gesehen und ernst genommen.

      Was raten Sie Menschen, die beruflich viel online sein müssen – wie gelingt ihnen ein sinnvoller Kompromiss zwischen digitalem Detox und Jobanforderungen?

      Ein kompletter Digital Detox ist für viele berufstätige Menschen schlicht nicht realistisch – aber kleine, achtsame Entlastungen sind es sehr wohl. Wichtig ist hier, immer zwischen Pflicht und Gewohnheit zu unterscheiden. Viele Online-Zeiten entstehen nämlich nicht aus einer tatsächlichen Notwendigkeit, sondern aus unbewusst etablierten Automatismen heraus.

      Ein paar hilfreiche Balance-Strategien:

        • Schaffe dir selbst digitale Übergänge: Nur 5–10 Minuten ohne Bildschirm vor Arbeitsbeginn oder nach Feierabend wirken oft schon Wunder.
        • Nutze Tools zur bewussten Fokusförderung: E-Mail-Zeitslots, Benachrichtigungsstille, Kalender mit bewussten Pausen.
        • Trenne berufliche Geräte (z. B. Laptop) möglichst klar von deinen privaten Geräten – auch räumlich.
        • Gönne deinem Dopaminsystem selbstachtsame Ruhephasen für Spaziergänge, kurze Meditationen oder analoge Routinen. Das hilft beim inneren Umschalten.
        • Definiere im Außen klare Kommunikationszeiten: Muss eine Antwort von dir bspw. immer sofort kommen – oder reicht auch morgen? Wenn du deine Umgebung darüber informierst, dass du nicht mehr länger 24/7 online bist, nimmst du dich dadurch auch selbst den Stress immer alles sofort beantworten zu müssen.

        Die Kunst liegt hier nicht im kompletten Rückzug, sondern im bewussten Umgang. Schon kleine Korrekturen können langfristig sehr entlastend wirken.

        Welche einfachen Rituale oder Gewohnheiten empfehlen Sie, um nach dem Sommer nicht in alte digitale Muster zurückzufallen?

        Nach einer ruhigeren Sommerzeit ist die Rückkehr in den digitalen Alltag oft mit einem kleinen „Schockmoment“ verbunden: Plötzlich prasseln wieder unzählige E-Mails, Termine und Reize auf einmal auf einen ein. Um dabei dann nicht sofort wieder in alte Muster zurückzufallen, helfen bewusst gepflegte Rituale.

        Abschließend noch ein paar Vorschläge für den sanften Übergang vom Urlaub zurück in den Alltag:

        • Etabliere eine „digitale Morgenroutine“. Beginne den neuen Tag immer erst einmal analog – z. B. mit einem Glas lauwarmen Wasser, einem Blick aus dem Fenster, ein paar ruhigen Atemzügen, und einigen Dehnungsübungen.
        • Führe einen digitalen Wochenplan mit festen Offline-Zeiten ein – wie bspw. regelmäßige bewusste Termine mit sich selbst.
        • Belohne dich analog, etwa mit bewussten Pausen mit einem Stück Schokolade (am besten mit mind. 70% Kakaoanteil, um dabei auch gleich etwas Gutes für die Gesundheit zu tun), einem kleinen Spaziergang, einem guten Kaffee – alles ganz ohne Bildschirm und Smartphone.
        • Gestalte deinen digitalen Arbeitsplatz bewusst reizarm: keine Push-Nachrichten, keine Social-Media-Apps, keine permanenten Mitteilungen und Infos am Ruhe-Display.
        • Reflektiere dich regelmäßig: Was tut mir gut? Wo verliere ich mich? Diese innere Achtsamkeit und Selbstreflexion wirkt, wie ein innerer Kompass, der dich zu einem bewussten Umgang mit sich selbst führt.

        Denn gerade in der Rückkehr aus einer bewussten Pause steckt ganz besonders viel Kraft, wenn sie mit kleinen Schritten fortgeführt wird. Und der Urlaub dadurch noch lange positiv nachwirken darf.

        MEHR ÜBER DIE AUTORIN DIESES BEITRAGS

        Elisabeth Trauner
        © Privat

        Elisabeth Trauner ist Redakteurin bei Unser SALZBURG und mit Stift, Block und Herz immer zur Stelle, wenn Menschen spannende Geschichten zu erzählen haben. Sie hört Podcasts, braucht Krimis und True Crime-Dokus zum Einschlafen und probiert gerne neue Kochrezepte aus, die aber meistens komplett schief gehen.

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