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Hera Lind: Ihr Leben, ihre Liebe, ihr Erfolg

Im Interview mit der erfolgreichen Autorin.

5 Min.

© Erwin Schneider

Die gebürtige Bielefelderin studierte Germanistik, Musik und Theologie und war klassische Sängerin, bevor sie mit zahlreichen Romanen sensationellen Erfolg hatte. Seit einigen Jahren schreibt sie ausschliesslich Tatsachenromane, ein Genre, das zu ihrem Markenzeichen geworden ist. Dabei versteht sie es auf einzigartige Weise, in dem bewegenden persönlichen Schicksal historische und aktuelle gesellschaftliche Missstände anschaulichzumachen, wie sie in ihrem neuesten Roman „Die stille Heldin“, erscheinend Ende Oktober, von neuem beweist. Die vierfache Mutter und mehrfache Grossmutter lebt mit ihrem Mann in Salzburg, wo sie auch gemeinsam Schreibseminare geben. 

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Frau Lind, Sie leben schon seit vielen Jahren in Salzburg. Es ist eine Stadt mit viel Geschichte, Musik und Kultur – fühlen Sie sich als Autorin hier angekommen? Was lieben Sie an dieser Stadt? 

Diese Stadt war schon immer mein Traum, seit ich 1981 den ersten Meister- kurs in Gesang am Mozarteum besucht und bei einer zauberhaften Zimmerwirtin in der Herrnau gewohnt habe. Es war Liebe auf den ersten Blick und ist es immer geblieben. Kunst, Kultur, Musik aus dem Vollen schöpfen. Heute darf ich am Universitätsplatz wohnen und sowohl das Weltstadtflair im Sommer als auch das gemütliche, private Salzburg mit den Marktständen am Grünmarkt genießen. Dazu habe ich wertvolle Freundschaften schließen dürfen, was für eine „Zugereiste Deutsche“ wohl auch nicht selbstverständlich zu sein scheint. (lacht) 

Sie schreiben seit Jahren mit großem Erfolg. Was bedeutet Schreiben für Sie – ist es eher Berufung oder Handwerk? 

Schreiben ist meine ganze Leidenschaft, besonders, seitdem ich wahre Geschichten von Menschen bekomme, die mir ihr Leben anvertrauen. Die Bandbreite von Schicksalen ist riesig, das Vertrauen der Menschen in mein Können bedeutet auch große Verantwortung. Insofern verbinden sich Berufung und Handwerk, Leidenschaft und das Verlangen, die besten wahren Geschichten einer großen Öffentlichkeit nahezubringen. Dabei stellt sich letztlich eine große Dankbarkeit ein, aus der ich wieder Energie für neue Tatsachenromane schöpfe. 

Ihr neuer Roman „Die stille Heldin“, erscheint Ende Oktober. Er basiert auf einer wahren Geschichte. Was hat Sie an Helenes Schicksal so berührt, dass Sie es erzählen wollten? 

Helene erlebte beide Weltkriege und bekam 12 Kinder, von denen sie die Hälfte auch wieder verlor. Was sollte sie da mit dem goldenen Mutterkreuz, das Hitler ihr verlieh? Sie durchlebte zwei Diktaturen und hatte als Frau zu funktionieren, aber keine Stimme. Gerade solchen Frauen wie Helene möchte ich aber eine Stimme geben. Hinter der großen Weltpolitik stecken so viele unfassbare Schicksale, von denen wir so viel lernen können. 

Lernen Sie beim Schreiben von Geschichten etwas Neues über sich selbst? Wieviel von Ihnen steckt in Ihren Romanen? 

Allein die geschichtlichen und politischen Umstände, in denen meinen Protagonistinnen gelebt haben, faszinieren mich. Deswegen sind es fast immer Frauenschicksale, die ich erzähle. Tatsächlich versetze ich mich in meine Protagonistinnen mit Haut und Haaren hinein, indem ich in der Ich-Form schreibe. Unsere eigenen Probleme erscheinen dann plötzlich ganz klein. Und oft bekomme ich auch Leserbriefe: „Dieser Tatsachenroman müsste Pflichtlektüre in der Schule sein!“ 

Salzburg war Liebe auf den ersten Blick und ist es immer geblieben. 

Hera Lind

Sie sind Sängerin, Moderatorin, Mutter, Autorin. Was war Ihre größte persönliche Herausforderung – und wie haben Sie sie überwunden? 

Bis ich meinen jetzigen Mann kennenlernte, war ich praktisch Alleinerzieherin. Ich erinnere mich an Wochenenden, da saß ich mit vier Kindern auf dem Spielplatz und bereitete die Talkshows für die nächste Woche vor, oder ich probte zuhause die Arien für meine nächsten Konzerte, während die Kinder im selben Raum spielten. Mit dem richtigen Partner an meiner Seite war dann alles anders – ich erfahre maximale Unterstützung und Respekt für meine Arbeit und genieße inzwischen die turbulente Großfamilie. 

Was gibt Ihnen in schweren Zeiten Kraft? 

Ich laufe täglich mindestens einmal über den Mönchsberg. Dieser gestrandete Wal mitten in meiner Herzensstadt gab und gibt mir immer wieder Energie, Frieden und Dankbarkeit. Kraftorte wie die Kapelle der Pallottiner oder die Richterhöhe oder der Nonnberg-Friedhof geben mir Beständigkeit. 

Sie haben einst die Kultsendung „Herzblatt“ moderiert – was hat Ihnen diese Zeit über die Liebe beigebracht? 

Ehrlich gesagt, gar nichts. Anbandeln und Flirten hat ja nichts mit Liebe zu tun, erst recht nicht in einem solch künstlichen Sendeformat, zur Erheiterung der Zuschauer:innen. Meine persönliche große Liebe traf ich erst später, und sie hält bis heute. 

Glauben Sie, dass sich die Art, wie wir lieben, über die Jahrzehnte verändert hat – oder bleibt die Liebe im Kern immer gleich? 

Ich denke, dass sich die Form von Beziehungen heute sehr zum Positiven geändert hat; Frauen leben in echter Partnerschaft, sind auf Augenhöhe mit ihren Männern und teilen sich sowohl die beruflichen Herausforderungen wie auch die „Care“ Arbeit fair. So erlebe ich es jedenfalls bei meinen erwachsenen Kindern und ihren Partner:innen. Erst dann kann man ja von Liebe sprechen, bei gegenseitigem Respekt und ehrlicher Unterstützung. 

Sie selbst sind seit vielen Jahren glücklich verheiratet. Was ist Ihrer Meinung nach das Geheimnis einer langen, erfüllten Partnerschaft? 

Bei uns gab es von Anfang an keine verkrusteten patriarchalen Strukturen. Wir unterstützen und wertschätzen einander in allen Bereichen, versuchen nicht, einander zu ändern. Außerdem haben wir wohl den gleichen Humor, es vergeht kein Tag, an dem wir nicht laut lachen. Insofern darf ich auch ein „ungeschliffener Diamant“ bleiben. 

Gibt es eine Lebensweisheit, die Sie begleitet oder die Sie gerne weitergeben möchten? 

Meine Mutter schrieb mir in mein Poesiealbum, als ich acht Jahre alt war, einen selbst komponierten Kanon mit folgendem Text: „Wechselnde Pfade, Schatten und Licht, alles ist Gnade, fürchte dich nicht.“ Je älter ich werde, desto mehr verstehe ich den Sinn. 

MEHR ÜBER DIE AUTORIN DIESES BEITRAGS

Elisabeth Trauner
© Privat

Elisabeth Trauner ist Redakteurin bei Unser SALZBURG und mit Stift, Block und Herz immer zur Stelle, wenn Menschen spannende Geschichten zu erzählen haben. Sie hört Podcasts, braucht Krimis und True Crime-Dokus zum Einschlafen und probiert gerne neue Kochrezepte aus, die aber meistens komplett schief gehen.

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